Ein juristisches Gutachten fordert Erleichterungen bei Ausnahmegenehmigungen durch die Bundesopiumstelle

Ein gemeinsames juristisches Gutachten von Prof. Dr. jur. Lorenz Böllinger von der Universität Bremen und Dr. jur. Harald Hans Körner, Oberstaatsanwalt aus Frankfurt und Kommentator des Betäubungsmittelgesetztes, vom 15. Februar 2009 fordert eine Endbürokratisierung des Antragsverfahrens bei der Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Gewährung einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis. Insbesondere sei die Behörde nicht berechtigt, vom behandelnden Arzt eine detaillierte Darlegung der bisherigen Behandlungsverfahren zu verlangen. Gegenwärtig ist ein Antrag durch die Forderung nach einem ausführlichen Gutachten mit einem erheblichen Arbeitsaufwand für den Arzt, der kostenlos erbracht werden muss, verbunden. Da die meisten Ärzte dazu nicht bereit sind, scheitert der Wunsch von Patienten nach einer Ausnahmegenehmigung oft an dieser Hürde.

Im folgenden einige Auszüge aus dem Rechtsgutachten zur Erlaubnispraxis des BfArM:

„Die Selbstbehandlung mit natürlichem Cannabis muss mithin ultima ratio in dem Sinne sein, dass andere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten nicht möglich sind bzw. sich als minder wirksam oder hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen als problematischer herausgestellt haben. Heranzuziehen ist hier in systematischer Auslegung das Erforderlichkeitskriterium des § 32 StGB: Die Behandlung muss geeignet und erforderlich sein und es darf keine weniger die Interessen der Rechtsgemeinschaft, bzw. hier die anderen Gesetzeszwecke des BtMG beeinträchtigenden Behandlungsmöglichkeiten geben. Auch eine lediglich geringfügige Überlegenheit der Cannabis-Medikation hinsichtlich Wirksamkeit oder Nebenwirkungen muss aber ausreichen, solche Subsidiarität zu bejahen. (…)
Daraus ergibt sich, dass die Bundesopiumstelle zur Zeit vom Behandler ein umfangreiches Gutachten verlangt, welches durch eine ausführliche Dokumentation der bisherigen Therapiemaßnahmen „beweist“, dass wirklich alle zu Cannabis alternativen Therapieverfahren bei der Erkrankung bzw. Symptomatik ausgeschöpft sind, und dass daher eine Therapie mit Cannabis notwendig ist. Eine derart weitgehende inhaltliche Prüfungspflicht der Behörde hinsichtlich aller Voraussetzungen der Indikationsstellung existiert nicht. Die Behörde hat auch kein Recht solches zu verlangen. Dies ergibt sich aus folgendem: (…)
Die Behörde hat deshalb hinsichtlich der Erlaubniserteilung keinen Ermessensspielraum, sondern muss die Erlaubnis erteilen wenn die ärztliche Indikation vorliegt und alle anderen verwaltungsrechtlichen Vorgaben – insbes. des § 5 BtMG – erfüllt sind. Zum Einen kommt es für den Antrag also aus medizinrechtlicher Sicht darauf an, dass der Behandler eine Diagnose und die entsprechende Indikation attestiert. Es muss vorausgesetzt werden, dass beides nach Regeln der ärztlichen Kunst auf dem Stand der Wissenschaft erfolgt. Damit ist auch dem BtM- Gesetzeszweck der ’notwendigen medizinischen Versorgung‘ Genüge getan.“

Das Gutachten findet sich als pdf-Datei unter:
https://www.cannabis-med.org/german/gutachten_boe-koe.pdf

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