Ist Moos ist das neue Cannabis?

CannabisAlternative? Besser als THC – und aus Moos

Wirkt Lebermoos besser als Cannabis in der Medizin? Und gibt es noch andere Pflanzen, die Cannabinoide enthalten?
Als Cannabinoide werden im engeren Sinne und nach herkömmlicher Lesart spezifische Substanzen der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.), wie beispielsweise Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabidiol (CBD), Cannabigerol, (CBG), Cannabichromen (CBC), Cannabinol (CBN), etc. bezeichnet. In einem weiteren Sinne zählen dazu auch andere Substanzen, die an Cannabinoidrezeptoren binden, wie beispielsweise körpereigene Cannabinoide, die Endocannabinoide, eine Vielzahl synthetischer Cannabinoide, aber auch Substanzen in anderen Pflanzen, die entweder ebenfalls an Cannabisrezeptoren binden oder eine ähnliche Struktur aufweisen, wie die Phytocannabinoide der Cannabispflanze.

Die unten stehenden Beispiele zeigen, dass die Aussage, Cannabinoide seien eine spezifische Gruppe von Substanzen, die nur in der Cannabispflanze vorkommen, überholt ist. Cannabinoide mit der typischen Cannabinoid-Struktur kommen nicht nur in der Hanfpflanze vor. Darüber hinaus gibt es Pflanzenbestandteile mit anderen chemischen Strukturen, die Cannabinoidrezeptoren aktivieren können und offenbar zumindest einen Teil ihrer Wirkung über diesen Mechanismus vermitteln. Es ist insbesondere bemerkenswert, dass dabei der Cannabinoid-2-Rezeptor, der für die Beeinflussung von Entzündungen von Bedeutung ist, eine wichtige Rolle spielt.

Lebermoose

Das neuseeländische Lebermoos Radula marginata der Gattung Radula (Lebermoose) enthält zwei Cannabinoide mit den Namen Perrottetinen und Perrottetinensäure. Japanische Wissenschaftler der Tokushima Bunri Universität berichteten im Jahr 2002 erstmals vom Nachweis dieser Cannabinoide. Die Struktur der Perrottetinensäure ähnelt der von Delta-9-THC. Auch das Lebermoos Radula perrottetii enthält cannabinoidähnliche Strukturen. Untersuchungen zu den pharmakologischen Wirkungen dieser Moleküle liegen nicht vor.

Strohblumen

Die Untersuchung einer südafrikanischen Strohblumenart (Helichrysum umbraculigerum) ergab den Nachweis von 11 Resorcinol-Derivaten, von denen die meisten eine nahe Verwandtschaft mit Cannabigerol und seiner entsprechenden Säure aufwiesen, wobei beide Cannabinoide, die sonst nur in der Hanfpflanze gefunden werden, auch selbst in dieser Strohblumenart vorkommen. Diese Beobachtung hatten Wissenschaftler des Instituts für organische Chemie der Technischen Universität Berlin bereits im Jahr 1979 veröffentlicht. Es gibt etwa 600 verschiedene Strohblumenarten, von denen allein 244 in Südafrika vorkommen.

Echinacea purpurea

Zubereitungen von Echinacea purpurea (Purpurroter Sonnenhut) enthalten Alkylamide, die immunmodulatorische Eigenschaften, darunter die Beeinflussung des entzündungsfördernden Botenstoffes TNF-Alpha (Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha), aufweisen. Diese Effekte werden durch den Cannabinoid-2-Rezeptor vermittelt. Wurde der CB2-Rezeptor blockiert, so hatte der Echinacea-Extrakt keinen Einfluss auf die Konzentration von TNF-Alpha. Die Forscher der Eidgenössisch Technischen Universität Zürich wiesen in ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 2004 zudem nach, dass die Alkylamide vermutlich die wichtigsten wirksamen Substanzen in Echinacea sind. Bis dahin war unklar gewesen, wie Echinacea-Extrakte wirken. Da der Cannabinoid-2-Rezeptor erst im Jahr 1993 nachgewiesen wurde, ist es nicht verwunderlich, dass auch der Wirkungsmechanismus medizinischer Präparate aus dem Purpurroten Sonnenhut erst danach aufgeklärt werden konnte.

Rosmarin, Oregano und schwarzer Pfeffer

Auch das ätherische Öl Beta-Caryophyllen aktiviert den Cannabinoid-2-Rezeptor. Es findet sich reichlich im ätherischen Öl von Cannabis, aber auch in vielen anderen Pflanzen, die in der menschlichen Ernährung eine Rolle spielen, darunter Basilikum, Zimt, Kümmel schwarzer Pfeffer, Rosmarin und Oregano. Der CB2-Rezeptor findet sich auf Immunzellen, vor allem T-Lymphozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten und blutbildenden Zellen und im gesamten Gehirn auf verschiedenen Zellen, vor allem auf Mikroglia-Zellen. Im Magendarmtrakt ist er an der Regulierung der Entzündungsaktivität beteiligt. Säugetiere besitzen ein hoch entwickeltes Immunsystem, das sie vor potenziell schädlichen äußeren Einflüssen schützt und darauf abzielt, den Schaden zu verhindern, abzuschwächen und zu reparieren. Das Endocannabinoidsystem stellt über seine CB2-Rezeptoren einen Teil dieses Schutzmechanismus dar.

Die Aktivierung des CB2-Rezeptors durch Pflanzencannabinoide könnte jedoch auch vor Arteriosklerose und Osteoporose schützen.

von Dr. med. Franjo Grotenhermen


 

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