Das Gesetz macht keine Vorgaben zu den für eine Verordnung zugelassenen Indikationen. Zu den Voraussetzungen für eine Verordnung bei einer schwerwiegenden Erkrankung.
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu relevanten Indikationsgebieten
Nach einer Recherche der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) liegen für Cannabisarzneimittel akzeptable wissenschaftliche Erkenntnisse bislang nur für die begleitende Behandlung von Spastiken, Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika sowie chronische Schmerzen vor. Eine mögliche Wirksamkeit wird zudem in der Literatur für Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV-AIDS, Schizophrenie, Morbus Parkinson, Tourette-Syndrom, Epilepsie, Kopfschmerzen sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen diskutiert.
https://www.akdae.de/Stellungnahmen/Weitere/20160114.pdf
Eine von Whiting et al.4 durchgeführte Meta-Analyse von 79 Studien zum Thema ergab eine moderate Evidenz für den Einsatz von Cannabinoiden zur Behandlung von chronischen Schmerzen und Spastiken. Eine geringere Evidenz zeigte sich für die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen im Kontext von Chemotherapien, von Gewichtsverlust bei HIVInfektion, von Schlafstörungen und für die Behandlung des Tourette-Syndroms.
Eine ausführliche Übersichtsarbeit der US-amerikanischen National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine stellt dar, dass eine gute Evidenz für eine therapeutische Wirksamkeit von Cannabinoiden in folgenden Indikationen vorliegt: die Behandlung chronischer Schmerzen bei Erwachsenen, von Spastik bei Multipler Sklerose und für die antiemetische Therapie von Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika. Mäßig oder wenig Evidenz liegt vor u. a. für die Behandlung von Schlafstörungen in bestimmten Situationen, Gewichtsverlust bei HIV/AIDS und Symptomen des Tourette-Syndroms.
Die bisherigen Ausnahmegenehmigungen für eine Behandlung mit Cannabis nach § 3 Abs. 2 BtMG (siehe hierzu Frage 15) wurde vom BfArM vorrangig bei folgenden Indikationen erteilt:
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Schmerz (ca. 57 %)
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ADHS (ca. 14 %)
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Spastik (unterschiedlicher Genese) (ca. 10 %)
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Depression (ca. 7 %)
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Inappetenz/Kachexie (ca. 5 %)
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Tourette-Syndrom (ca. 4 %)
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Darmerkrankungen (ca. 3 %)
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Epilepsie (ca. 2 %)
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Sonstige Psychiatrie (ca. 2 %)
Quelle:Deutscher Bundestag (27.03.2017): Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der LINKEN, Drucksache 18/11701, Cannabismedizin und Straßenverkehr, S. 3 Weitere mögliche Indikationen werden von Müller-Vahl und Grotenhermen in ihrem Artikel „Medizinisches Cannabis – Die wichtigsten Änderungen“ (DÄBl. Jg. 114 Heft 8 24. Februar 2017, A354) genannt. 4 Whiting PF et al. (2015): Cannabinoids for Medical Use ‐ A Systematic Review and Meta‐analysis. In: JAMA 2015;313(24):2456‐2473. doi:10.1001/jama.2015.6358 5 National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (2017): The health effects of cannabis and cannabinoids: https://www.nap.edu/catalog/24625/the‐health‐effects‐of‐cannabis‐and‐cannabinoids‐thecurrent‐state 9
Hinsichtlich der Indikationen ist darauf hinzuweisen, dass cannabinoidhaltige Arzneimittel ausschließlich symptomatisch wirken und für sie bislang keine wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich eines therapeutischen Nutzens für die Behandlung der jeweiligen Primärerkrankung vorliegen.