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Petition von Schmerzpatientin für die Kostenübernahme von Dronabinol durch Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags abgelehnt

Nach etwa 10-jährigem Kampf von Ute Köhler für die Kostenübernahme von Dronabinol durch ihre Krankenkasse, die AOK, hat der Petitionsausschuss mit der Mehrheit von CDU und FDP im Deutschen Bundestag beschlossen, das Petitionsverfahren abzuschließen und die Petition abzulehnen. Abweichend hatte die SPD beantragt, die Petition der Bundesregierung zu überweisen, den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben und das Petitionsverfahren im Einzelfall abzuschließen. Das wurde abgelehnt. Ebenso wurden die abweichenden Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, mehrheitlich abgelehnt.

Frau Köhler leidet nach einer Krebsbehandlung mit Strahlentherapie im Jahr 1985 unter starken Schmerzen. 14 Jahre lang seien verschiedene Therapien versucht worden, die jedoch sämtlich ihre Schmerzen nicht wirksam lindern konnten. Erst eine Behandlung mit Dronabinol seit 1998 hatte dazu geführt, dass sie wieder beschwerdefrei leben kann. Im Jahr 2001 hat ihr behandelnder Arzt eine Regressforderung erhalten, mit der Aufforderung, die von der AOK bisher gezahlten Behandlungskosten zurückzuzahlen.

In dem Schreiben an Frau Köhler heißt es: „der Deutsche Bundestag hat Ihre Petition beraten und am 30.06.2011 beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen. Er folgt damit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (BT-Drucksache 17/6118), dessen Begründung beigefügt ist. Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages ist das Petitionsverfahren beendet.“

Auszüge aus der Begründung:
„Die Petentin verfolgt ihr Anliegen bereits seit der 15. Legislaturperiode. In der Sitzung vom 15 Dezember 2005 hat der Deutsche Bundestag – der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses folgend – beschlossen, die Petition dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Erwägung zu überweisen. Das BMG bat den Gemeinsamen Bundesausschuss (G.-BA), eine Bewertung von Dronabinol zur Schmerzbehandlung zu prüfen. Darüberhinaus versuchte das BMG, zusammen mit der Krankenkasse der Petentin nach rechtlich zulässigen Lösungsmöglichkeiten im Einzelfall zu suchen.
Die Krankenkasse der Petentin lehnte einen erneuten Antrag auf Kostenübernahme ab. Der Widerspruch dagegen blieb erfolglos. Die Petentin führte daraufhin eine gerichtliche Entscheidung herbei. Sowohl das Sozialgericht Meiningen als auch das Landessozialgericht Thüringen entschieden zuungunsten der Klägerin.
Zur Eingabe fand am 17. März 2010 ein Berichterstattergespräch in Berlin statt, an dem u. a. Vertreter der Bundesregierung, BMG, teilnahmen.
Das BMG wies darauf hin, dass es einen neuen Sachstand in dieser Angelegenheit gebe. Zwischenzeitlich sei ein Zulassungsantrag für das fragliche Arzneimittel „Dronabinol“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingereicht worden. (…)
Das BMG wies zunächst abbrechen, dass die gesetzlichen Vorgaben zusammen mit der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG – Urteil vom 6. Dezember 2005 – Az. 1 BvR 347/98) und des Bundessozialgerichtes (BSG – Urteil vom 4. April 2006 – Az. B 1 KR 7/05 R) genügend Spielraum bieten, eine Kostenübernahme von Dronabinol durch die gesetzlichen Krankenkassen im Einzelfall zu gewähren. Einzelne positive Bescheide verschiedener Krankenkassen bundesweit hätten dies bestätigt
Der Petitionsausschuss weist grundsätzlich darauf hin, dass die Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften am 17. Mai 2011 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und in wesentlichen Teilen am 18. Mai 2011 in Kraft trat. Mit der Verordnung ist beabsichtigt, neben wichtigen anderen Regelungen zur Verbesserung der betäubungsmittelrechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Gebiet der Palliativmedizin auch die betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassungs- und Verschreibungsfähigkeit cannabishaltiger Fertigarzneimittel zu schaffen. Insoweit erfolgt eine differenzierte Umstufung der Position Cannabis in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) (…)
Vor dem Hintergrund des Dargelegten empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist. (…)“

Der Petitionsausschuss hat in der Begründung nicht erwähnt, dass sich die Zulassungsanträge für Dronabinol nicht auf Schmerzpatienten beziehen, so dass Frau Köhler von einer möglichen Zulassung, deren Zeitpunkt ungewiss ist, nicht profitieren wird. Auch die kürzlich erfolgte Zulassung von Sativex zur Behandlung der Spastik bei multipler Sklerose nutzt der Betroffenen nichts und hat mit dem aktuellen Fall auch nichts zu tun. Frau Köhler nutzt es auch wenig, wenn einige wenige Patienten erfolgreich eine Kostenübernahme für Dronabinol vor den Sozialgerichten erstritten haben. Die Verschreibungszahlen von Dronabinol haben sich in den letzten Jahren nach Kenntnis der ACM nicht relevant verändert. Die Bereitschaft der Krankenkassen, die Kosten zu übernehmen, hat im Verlauf der letzten 10 Jahre eher abgenommen, so dass die Bundesregierung ein Zerrbild der Wirklichkeit beschreibt. Im Ergebnis steht Frau Köhler nach jahrelangem Kampf um ihr Medikament ohne Lösung da. Dazu Dr. Franjo Grotenhermen: „Erneut zeigt sich drastisch, dass Patienten, die von Cannabisprodukten medizinisch profitieren, von dieser Bundesregierung nichts erwarten können. Sie fühlen sich nicht nur im Stich gelassen. Sie werden im Stich gelassen. Die Bundesregierung zementiert auf diese Weise die Zweiklassenmedizin bei der Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis: Vermögende Patienten können die verfügbaren Medikamente selbst bezahlen. Weniger Vermögende erhalten nur in seltenen Ausnahmen eine notwendige Behandlung.“

(Quelle: Schreiben des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags an Frau Ute Köhler vom 4.7.2011)

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