Bundesgesundheitsministerium zu Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlung, Richtgrößen für Arzneimitteln und möglichen Regressen aufgrund der Verschreibung von Cannabis und Cannabinoiden

Jan Elsner hat am 1. Februar das Bundesgesundheitsministerium gefragt, ob die Verschreibung von Cannabisblüten und anderen Cannabis-basierten Medikamenten das begrenzte Arzneimittelbudget der Ärzte in einer Weise belasten könnte, dass ihnen ein Regress, das heißt eine Strafzahlung wegen Überschreitung der Richtgrößen für Arzneimittel, drohen könnte.

Am 13. Februar hat er eine Antwort von der Pressestelle erhalten. Darin wird darauf hingewiesen, dass „ein Arzneimittelbudget für eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt“ nicht besteht. Grundsätzlich müsse der Arzt wirtschaftlich arbeiten. Bei der Frage, ob möglicherweise nicht wirtschaftlich gearbeitet wurde und damit ein Regress drohe, biete die vor der Erstverordnung zu erteilende Genehmigung „dem Vertragsarzt bzw. der Vertragsärztin auch eine Sicherheit hinsichtlich der Kostenübernahme durch die GKV.“ Weiterhin gelte der Grundsatz „Beratung vor Regress“.

Hier die vollständige Antwort.

„Sehr geehrter Herr Elsner,

Ihre Fragen beantworte ich für das Bundesministerium für Gesundheit zusammenfassend wie folgt:
Das vom Deutschen Bundestag am 19. Januar 2017 beschlossene Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften regelt unter anderem den Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form getrockneter Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon in § 31 Absatz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Das Gesetz bedarf noch der abschließenden Beratung durch den Bundesrat. Es soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Für die Verordnung durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte von Arzneimitteln auf Cannabisbasis gelten wie sonst auch die Regelungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §§ 106 ff. SGB V. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde die Verantwortlichkeit für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf die regionale Ebene gegeben. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen haben einheitlich und gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen das Nähere zu Art und Inhalten der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vereinbaren. Diese Vereinbarungen lösen grundsätzlich die bislang geltenden Richtgrößen in der Arzneimittelversorgung ab. Ein Arzneimittelbudget für eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt besteht nicht. Bei den regionalen Vereinbarungen ist es auch Angelegenheit der Vertragspartner zu berücksichtigen, dass die Erstverordnung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis durch die Krankenkasse zu genehmigen ist. Weiterhin gilt der Grundsatz „Beratung vor Regress“.

Versicherte mit schwerwiegenden Erkrankungen haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Voraussetzung ist, dass
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach begründeter Einschätzung des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten nicht zu Anwendung kommen kann,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Das Gesetz legt keine Indikationen für die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisbasis fest. Die Genehmigungsanträge auf Versorgung mit diesen Arzneimitteln bei der Erstverordnung der Leistung sind nur in begründeten Ausnahmefällen von der Krankenkasse abzulehnen. Damit wird auch der Bedeutung der Therapiehoheit des Vertragsarztes bzw. der Vertragsärztin Rechnung getragen. Ein Versicherter muss nicht langjährig schwerwiegende Nebenwirkungen ertragen, bevor die Therapiealternative eines Cannabisarzneimittels genehmigt werden kann. Gleichzeitig kommt diese Therapiealternative grundsätzlich nicht als Ersttherapiemöglichkeit zur Anwendung. In solchen Fällen könnte die Krankenkasse eine Genehmigung versagen. Die vor der Erstverordnung zu erteilende Genehmigung bietet dem Vertragsarzt bzw. der Vertragsärztin auch eine Sicherheit hinsichtlich der Kostenübernahme durch die GKV.

Freundliche Grüße“

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