Freispruch für Morbus-Crohn-Patienten aus Graz

Nach einem Bericht in der Wiener Zeitung vom 21. Dezember wurde ein 43-jähriger Mann, der am Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, leidet, vom Bezirksgericht Graz-West vom illegalen Besitz von Cannabisprodukten freigesprochen. Der Angeklagte Dietmar N. hatte in seiner Wohnung Hanfsetzlinge gezogen und geerntet. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Anbau, Besitz und Konsum von 77 Gramm Cannabiskraut vor.
Herr N. hatte sich stets damit gerechtfertigt, mangels legaler Medikamente Cannabis zur Linderung seiner schweren Krankheit einzunehmen. Er habe bei Selbstversuchen entdeckt, „dass ich unter Einfluss von Cannabis sogar so etwas wie Appetit entwickle, was ich seit Jahren nicht mehr kannte“. Seine Hausärztin, die er darauf ansprach, habe ihm leider nicht helfen können. Wie die als Zeugin geladene Medizinerin kleinlaut bestätigte, habe sie es trotz ausdrücklichen Wunsches des Patienten vermieden, sich über verfügbare legale Cannabis-Medikamente zu informieren und auch eine angeregte Kontaktierung von Experten unterlassen.
Richterin Karin Zeiler-Wlasich machte es sich nicht leicht und ließ eine Reihe kompetenter Gutachter aufmarschieren: Den international bekannten Grazer Pharmakologen Eckhard Beubler von der Medizinischen Universität Graz, seinen Internisten-Kollegen, den Gastroenterologen Wolfgang Petritsch, sowie den Wiener Allgemeinmediziner und Drogenexperten Kurt Blaas.
Alle drei bestätigten die Wirksamkeit von Cannabisprodukten bei Morbus Crohn oder ähnlichen Leiden und sprachen sich vorbehaltlos für eine Behandlung des Angeklagten damit aus – nicht zuletzt, weil damit der Einsatz etlicher anderer, teurerer Medikamente (und deren Nebenwirkungen) vermieden werde. Cannabisprodukte würden gerade bei solch chronischen Leiden Depressionen und Schmerzen lindern und umgekehrt Appetit fördern.
Wie die Richterin in ihrer Urteilsbegründung betonte, handle es sich hier „im Allgemeinen zwar um eine rechtswidrige Handlung“, der aber „Leib, Leben und Gesundheit des Angeklagten gegenüberstehe“. Die Staatsanwältin ging in Berufung.

Quelle: Wiener Zeitung vom 21. Dezember 2007

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