Razzia gegen Cannabis-Anbau in Deutschland – auch Patienten betroffen

Wie mehrere Medien meldeten, wurden am 28. Januar 2008 in Deutschland Razzien bei Personen durchgeführt, die im Verdacht standen, Cannabis anzubauen. Ausgangspunkt war ein Laden in Aachen, der Material zum Eigenanbau von Pflanzen innerhalb von Gebäuden über das Internet verkauft hat. Die Polizei hatte über mehrere Monate hinweg heimlich die Kundenbestellungen des Händlers für Gewächshaustechnik aufgezeichnet. Daraufhin wurden in einer bundesweiten Aktion bei über 200 Kunden Hausdurchsuchungen durchgeführt, darunter auch Patienten, die Cannabis für den eigenen medizinischen Bedarf anbauten. Bei den entdeckten Cannabisanbauern handelt es sich überwiegend um kleine Anbauflächen für den Eigenbedarf.
Einer der Betroffenen ist ein chronischer Schmerzpatient und ACM-Mitglied, dessen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung von Cannabis zur Zeit von der Bundesopiumstelle in Bonn bearbeitet wird. Ihm wurde eindrücklich klar gemacht, dass das deutsche Gesetz nicht zwischen der medizinischen Verwendung von Cannabis und dem Freizeitkonsum der Droge unterscheidet. Gegenüber dem Vorsitzenden der ACM, Dr. Franjo Grotenhermen, erklärte er, es habe um 6 Uhr geklingelt, als seine Tochter gerade seine Enkeltochter für die Schule fertig machen wollte. Er habe die Beamten gebeten, ihm wenigstens einen Teil seiner Medizin da zu lassen. Sie seien zwar angesichts seiner schweren Erkrankung freundlich und verständnisvoll gewesen, hätten jedoch alles mitgenommen. Er habe sich „überfallen und ausgeraubt“ gefühlt.

Im Berliner Tagesspiegel wurde über die Razzia wie folgt berichtet:
„Bei einer bundesweiten Großrazzia gegen Cannabis-Anbau sind am Morgen 40 mutmaßliche Plantagen-Betreiber vorübergehend festgenommen worden. Sie waren allesamt Kunden eines Aachener Unternehmens, das Zubehör zur Errichtung professioneller Cannabis-Plantagen über das Internet und ein Ladenlokal verkauft und die illegalen Hanfbauern beraten haben soll, teilten Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und Staatsanwaltschaft Aachen in Neuss mit.
Die Polizei wurde bei rund jeder dritten Durchsuchung fündig und stellte etwa 5000 Hanfpflanzen sicher. Mehr als 200 Wohnungen und Betriebsräume wurden überprüft. An dem Einsatz gegen die Rauschgiftkriminalität in allen Bundesländern waren 1500 Polizeibeamte beteiligt.
Die beiden größten Plantagen mit mehr als 1000 Pflanzen entdeckten die Ermittler in Hennef bei Bonn und Schönberg bei Wittlich in Rheinland-Pfalz, teilte Einsatzleiter Roland Wolf vom Landeskriminalamt NRW mit. Insgesamt hoben die Beamten 76 Plantagen aus. Sie seien so angelegt, dass vier Ernten im Jahr möglich seien, sagte Wolf. „Häufig amortisiert sich eine Anlage nach einer einzigen Ernte.“ Seit 2004 nehme der Plantagenanbau im großen Stil zu. Der Wirkstoffanteil Tetrahydrocannabinol (THC) sei deutlich höher als noch in den 1970er Jahren. „Deshalb sprechen wir auch nicht mehr von weichen Drogen“, sagte Wolf.
Die Durchsuchungen richteten sich gegen die 42 und 43 Jahre alten Inhaber des sogenannten Grow-Shops „Catweazel“ in Stolberg bei Aachen und deren Kunden. Insgesamt gab es gegen 214 Verdächtige Durchsuchungsbeschlüsse. Durch die Großrazzia wollten Polizei und Staatsanwaltschaft Cannabis-Plantagen aufspüren, die mit Technik aus Aachen ausgestattet waren.
Die beiden „Catweazel“-Inhaber seien einschlägig vorbestraft, sagte Staatsanwalt Bernd Schulz. Ihnen drohten wegen Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bis zu fünf Jahre Haft. Sie hätten ihren Kunden auch Tipps zum Hanfanbau gegeben.
Ein Inhaber des Aachener Großhandels bezeichnete sein Geschäft als rechtmäßig. „Wir verkaufen Gewächshaustechnik“, sagte er. Er vermute zwar, dass die Technik von Kunden überwiegend zum Hanfanbau benutzt werde. „Aber es wird immer wieder von uns darauf hingewiesen, dass der Hanfanbau in Deutschland genehmigungspflichtig ist“, sagte der Inhaber des 1989 gegründeten sogenannten Grow-Shops in Stolberg.“

(Quelle: Tagesspiegel vom 28. Januar 2008)

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