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Der medizinische Nutzen von Cannabis und THC

Von Dr. med. Franjo Grotenhermen

Die meisten medizinischen Wirkungen von Cannabisprodukten basieren auf dem Cannabinoid Delta-9-Tetrahydrocannabinol, kurz Delta-9-THC oder THC. Es wird im medizinischen Zusammenhang auch Dronabinol genannt. Seit einigen Jahren tritt auch die Wirkung anderer Bestandteile der Cannabispflanze ins in das Blickpunkt des Interesses, darunter die von Cannabidiol (CBD), von Tetrahydrocannabivarin (THCV), einigen weiteren Cannabinoiden sowie Terpenen (ätherischen Ölen).

Dieser Teil des Kurses befasst sich mit den Wirkungen von THC und THC-reichen Cannabissorten. Mehr als zehn Cannabinoide zählen zum Delta-9-THC-Typ, von denen in der Pflanze vor allem zwei Delta-9-THC-Säuren vorkommen, die unter der Einwirkung von Hitze in das phenolische Delta-9-THC umgewandelt werden. Dieses phenolische THC (Dronabinol) verursacht die bekannten psychischen Wirkungen von Cannabis und ist auch für viele pharmakologische Wirkungen der Hanfpflanze verantwortlich. THC bindet an die beiden bekannten Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Wird der CB1-Rezeptor durch THC aktiviert, so verursacht dies Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Appetitsteigerung, Bronchienerweiterung, Hemmung von Übelkeit, Steigerung der Herzfrequenz und viele weitere Wirkungen. Die Aktivierung des CB2-Rezeptors durch THC hemmt Entzündungen und allergische Reaktionen.

Einsatzmöglichkeiten für Cannabis und THC ergeben sich für folgende Krankheiten und Krankheitssymptome.

  • Übelkeit und Erbrechen: Krebschemotherapie, HIV/Aids, Hepatitis C, Schwangerschaftserbrechen, Übelkeit im Rahmen der Migräne.
  • Appetitlosigkeit und Abmagerung: HIV/Aids, fortgeschrittene Krebserkrankung, Hepatitis C.
  • Spastik, Muskelkrämpfe (Spasmen), Muskelverhärtung: Multiple Sklerose, Querschnittslähmung, Spastik nach Schlaganfall, Spannungskopfschmerz, Bandscheibenprobleme und Verspannungen der Rückenmuskulatur.
  • Bewegungsstörungen mit einem Übermaß an Bewegungen (hyperkinetische Bewegungsstörungen): Tourette-Syndrom, Dystonie (zum Beispiel spastischer Schiefhals oder Lidkrampf), durch eine Behandlung mit Levodopa ausgelöste Dyskinesien bei der Parkinsonkrankheit, tardive Dyskinesien (eine mögliche Nebenwirkung von Neuroleptika, die bei Schizophrenie verwendet werden), essenzieller Tremor (Zittern).
  • Schmerzen: Migräne, Clusterkopfschmerz, Phantomschmerzen, Neuralgien (Nervenschmerzen, zum Beispiel Ischialgie/Ischiasschmerzen), Menstruationsbeschwerden, Parästhesien (Kribbeln, Brennen, Ameisenlaufen) bei Zuckerkrankheit oder Aids, Hyperalgesie (verstärkte Schmerzempfindlichkeit), Schmerzen bei verspannter Muskulatur und Muskelkrämpfen, Arthrose, Fibromyalgie (Weichteilrheumatismus).
  • Allergien: Asthma, Heuschnupfen.
  • Juckreiz: starker Juckreiz bei Lebererkrankungen, Neurodermitis.
  • Entzündungen: Asthma, Arthritis, Rheuma, Colitis ulzerosa, Morbus Crohn (eine chronische Darmentzündung), Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte).
  • Restless-Legs-Syndrom.
  • Psychische Erkrankungen: Depressionen, Angststörungen, bipolare Störungen (manisch-depressive Störung), posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Impotenz, Alkoholismus, Opiatabhängigkeit, Schlafmittelabhängigkeit, Schlaflosigkeit, Autismus, verwirrtes Verhalten bei der Alzheimer-Krankheit.
  • Überproduktion von Magensäure: Magenschleimhautentzündung.
  • Erhöhter Augeninnendruck: Glaukom (grüner Star).
  • Verstärkte Schweißneigung (Hyperhidrosis).
  • Tinnitus (Ohrgeräusche).
  • Weitung der Bronchien: Asthma, Luftnot bei anderen Erkrankungen der Atemwege.
  • Epilepsie.
  • Singultus (Schluckauf).
  • Akne inversa.
  • Förderung der Wehentätigkeit bei der Geburt.

Zu einigen dieser Erkrankungen und Symptome, wie vor allem Spastik bei Multiple Sklerose, chronische neuropathische Schmerzen, Appetitlosigkeit bei HIV/Aids und Übelkeit aufgrund einer Krebschemotherapie liegen umfangreiche kontrollierte klinische Studien vor, die die Wirksamkeit von THC belegen. Für die meisten der oben genannten Indikationen gibt es nur kleine, häufig unkontrollierte Studien oder Fallberichte.

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