ACM-Mitteilungen vom 27. Mai 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

in einem Positionspapier fordern Fachverbände, darunter auch die ACM und das SCM, Reformen des Cannabis als Medizin-Gesetzes. Wir dokumentieren hier die Pressemitteilung, die auch von mehreren Medien aufgegriffen wurde. Schaut man sich die aktuellen politischen Planungen an, so könnte es demnächst für Freizeitkonsumenten einfacher sein, sich legal mit Cannabis zu versorgen, als für Patienten, eine angemessene Versorgung mit ihrem dringend benötigten Medikament auf Cannabisbasis zu erhalten.

Daher setzt sich dieser Rundbrief vor allem mit dieser Thematik auseinander. Der ACM- Vorstand hat sich über das gemeinsame Papier der Verbände mit einer darüber hinausreichenden eigenen Stellungnahme positioniert. Wir begrüßen grundsätzlich die Möglichkeiten des Eigenanbaus für Patienten als eine Option, um aus der Illegalität herauszukommen, sehen allerdings auch die Gefahr, dass Patienten in den Markt für den Freizeitkonsum abgedrängt werden – sowie das in Kanada und einigen Staaten der USA beobachtet und zahlenmäßig erfasst wurde –, sollte es nicht klare Verbesserungen beim Cannabis als Medizin-Gesetz aus dem Jahr 2017 geben.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Inhalt

Termine

Jeden Mittwoch um 18:15 Uhr: Fallbesprechung aus der Praxis der Cannabistherapie

CME-zertifizierte Fortbildungsreihe der ACM für Ärztinnen und Ärzte. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe gewährt Teilnehmern für die 45-minütige Veranstaltung jeweils 2 CME-Punkte. Hier ein Beispiel eines Impulsvortrages zu Beginn der Veranstaltung vom 24 Mai 2023 zum Psychoserisiko bei der Verwendung von Cannabis als Medizin.

31.5.2023: Impulsvortrag zu Cannabis im Straßenverkehr. Wie kläre ich Patienten auf?

7.6.2023: Impulsvortrag zu Wechselwirkungen von THC und CBD. Wie kann ich das therapeutisch nutzen?

11.6.2023: Kostenübernahme: Antrag und Widerspruch

Webinar des ZCM.

09.07.2023: Cannabis als Medizin und Führerschein

Webinar des ZCM.

28.9.2023: Satellitensymposium Medizinischer Cannabis

Satellitensymposium des Phytopharmaka-Symposiums von Alphatronics.

Vorankündigung: 28.10.2023: Fachsymposium Cannabinoide in der Medizin 2023 im Radisson Blu Hotel in Frankfurt am Main

Hybrid-Veranstaltung der ACM in Zusammenarbeit mit dem BPC (Bundesverband pharmazeutischer Cannabnoidunternehmen) und Medical Tribune

Presseerklärung: Fachverbände fordern dringende Reformen beim Cannabis-als-Medizin Gesetz

Versorgungssicherheit, Entbürokratisierung und Aufhebung der Einstufung als Betäubungsmittel im Fokus

Fachverbände aus dem Bereich Cannabis als Medizin Deutschland sprechen sich in einem Positionspapier für Reformen beim Cannabis als Medizin-Gesetz aus. Wir dokumentieren hier die Pressemitteilung.

Berlin, 24.05.2023: Mit Inkrafttreten des „Cannabis als Medizin”-Gesetzes 2017 wurde schwer erkrankten Patientinnen und Patienten der Zugang zu medizinischem Cannabis und eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen grundsätzlich ermöglicht.

Die Erfahrungen aus sechs Jahren Medizinalcannabis in der Praxis zeigen: Es besteht ein dringender Bedarf an Reformen und Entbürokratisierung. Dies wurde auch im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Änderung der Arzneimittelrichtlinie deutlich.

Die unterzeichnenden Verbände haben ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet, in dem sie den G-BA Beschluss vom 16.03.2023 und das Eckpunktepapier der Bundesregierung vom 26.10.2022 bewertet und Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung formuliert haben.

In Anbetracht der Legalisierungsbestrebungen der Bundesregierung und der damit verbundenen regulativen Änderungen ist sich das Bündnis aus Fachverbänden von Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten, Apothekerinnen und Apothekern mit der Cannabiswirtschaft einig: Das Cannabis als Medizin-Gesetz muss novelliert werden. Das gemeinsame Positionspapier enthält hierzu fünf Kernforderungen:

● Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei der Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisarzneimitteln abschaffen oder anpassen

● Medizinalcannabis aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herausnehmen

● Rechtlichen Rahmen für Cannabisarzneimittel bundesweit vereinheitlichen und anwenden

● Nationale Förderung von Forschungsvorhaben für Cannabis-Therapien ausbauen

● Flächendeckende und vorrangige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesicherten Cannabisarzneimitteln sicherstellen

Um das gemeinsame Ziel der bestmöglichen Versorgung der Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesichertem medizinischen Cannabis in Deutschland zu gewährleisten, setzen die unterzeichnenden Verbände sich aktiv für eine Reform der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein.

Gero Kohlhaas vom Patientenverband Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin (SCM) weist darauf hin, dass zu oft über die Köpfe von Patientinnen und Patienten entgegen deren Belangen entschieden werde: ”Als Patientenverband von Betroffenen und Angehörigen erwartet das SCM die schnellstmögliche Durchsetzung von Verbesserungen für Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten im Bereich Cannabis als Medizin.

“Solange der überwiegende Anteil bedürftiger Patientinnen und Patienten nicht über das Gesundheitssystem versorgt wird, begrüßen wir die Möglichkeit des Eigenanbaus. Dieser bietet einigen Patientinnen und Patienten eine Option, um aus der Illegalität herauszukommen, erklärte Dr. Franjo Grotenhermen im Namen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) zu den vorgelegten Plänen der Bundesregierung. ”Allerdings sehen wir erhebliche Risiken, die mit einer Verdrängung von Patientinnen und Patienten in den Freizeitmarkt verbunden sind. Eine medizinische Therapie sollte durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden.”

Dr. Conny Cimander von der Deutschen Medizinal-Cannabis Gesellschaft e.V. (DMCG) erklärt: Die Möglichkeit, Medizinal-Cannabis bei chronischen Erkrankungen einsetzen zu können, ist ein Meilenstein in der Medizin. So können für die Patientinnen und Patienten belastende Symptome deutlich gemildert und die Lebensqualität verbessert werden. Der DMCG e.V. unterstützt fachlich alle Kolleginnen und Kollegen dieses Ziel zu erreichen.

Antonia Menzel vom Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC) bekräftigt diese Position: Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit cannabisbasierten Arzneimitteln darf nicht gefährdet werden, insbesondere angesichts der Legalisierungsbemühungen der Bundesregierung. Eine bedarfsorientierte Versorgung mit qualitätsgesichertem medizinischen Cannabis kann nur mit verlässlichen und wettbewerbsfähigen Anbau- und Importstrukturen gesichert werden.

Für die Apothekerschaft unterstreicht Dr. Christiane Neubaur vom Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) die Notwendigkeit einer Versorgung mit hochwertigen Medikamenten: “Der VCA setzt sich für die Festlegung einer bundesweit anerkannten Identitätsprüfung von Medizinalcannabis ein, sowie für eine klare und einheitliche Festlegung der mikrobiellen Qualitätsanforderungen von Medizinalcannabisblüten zum Schutze der Patientinnen und Patienten.”

Die Verschreibung von Medizinalcannabis müsse deutlich erleichtert werden, so Dr. Armin Prasch vom Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW). Sonst drohe eine Abwanderung in die unbetreute Selbstmedikation. “Ein großer Schritt in die richtige Richtung wäre die Etablierung einer antrags- und genehmigungsfreien, zeitlich definierten Test-Therapiephase.” Und weiter: ”Wenn Deutschland als Standort für Medizinalcannabiswichtig bleiben möchte, brauchen wir Forschungsförderung, wie z. B. die Etablierung eines nationalen, medizinischen Registers für Cannabis und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für nationalen Anbau und Import.”

Ansprechpartner für die Presse:

Dr. Armin Prasch

Fachbereichskoordinator Medizinalcannabis des Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) Telefon: 01522 8815993

E-Mail: ap@cannabiswirtschaft.de

Antonia Menzel

Stv. Vorstandsvorsitzende und Leiterin der AG Politik des Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC)

Telefon: 0162 6661104

E-Mail: menzel@bpc-deutschland.de

Die vollständige Pressemitteilung findet sich hier.

Das gemeinsame Positionspapier findet sich hier.

Stellungnahme der ACM zu den Plänen der Bundesregierung, den Eigenanbau von Cannabis für den privaten Konsum zu erlauben

Gemäß des „Entwurfs eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CannG)“ plant die Bundesregierung, sowohl einen begrenzten privaten Eigenanbau als auch den Anbau von Cannabis durch Anbauvereinigungen zu erlauben.

Der ACM-Vorstand hat dazu eine klare Haltung: wir begrüßen ausdrücklich die Pläne der Bundesregierung, den Eigenbaus durch Patient:innen im Rahmen einer Selbsttherapie zu erlauben, sehen aber auch Risiken für die Patientenversorgung innerhalb des Gesundheitssystems.

Zusammenfassung

Der ACM-Vorstand begrüßt die Pläne der Bundesregierung zur Ermöglichung des Eigenanbaus von Cannabis allein oder gemeinsam in einer Anbauvereinigung. Viele Patient:innen, die gegenwärtig und zukünftig nicht durch das Gesundheitssystem versorgt werden, jedoch nach der Einschätzung ihres behandelnden Arztes oder ihrer behandelnden Ärztin eine solche Therapie benötigen, haben auf diese Weise eine weitere Option, aus der Illegalität und Kriminalisierung ihrer Selbstmedikation herauszukommen.

Wir sehen allerdings mögliche Risiken, die mit einer Verdrängung von Patient:innen in den Freizeitmarkt und in die Selbsttherapie verbunden sind. Die ACM ist der Auffassung, dass eine medizinische Therapie möglichst durch Ärzt:innen durchgeführt werden sollte. Die ACM fordert in diesem Zusammenhang deutliche Nachbesserungen beim Cannabis als Medizin-Gesetz aus dem Jahr 2017.

Die ACM fordert bei den geplanten Möglichkeiten zum Eigenanbau, den spezifischen Belangen von Patient:innen Rechnung zu tragen. Dazu zählen insbesondere eine bedarfsgerechte Versorgung, die im Einzelfall über die im Gesetzentwurf vorgesehenen Mengenbegrenzungen hinausgehen kann, sowie die Möglichkeit der Teilnahme am Straßenverkehr für Cannabispatient:innen, soweit der medizinische Bedarf durch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung begründet und die Selbsttherapie ärztlich begleitet wird, so wie dies zwischen 2007 und 2017 bei der ärztlich begleiteten Selbsttherapie nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz bereits der Fall war.

Dokumentation der Gesetzesvorlage

Wir dokumentieren hier in Auszügen wesentliche Elemente des Gesetzentwurfes (Bearbeitungsstand 28 4. 2023), wie er der ACM vorliegt. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzentwurf im Laufe der kommenden Monate noch verändert wird.

Im Gesetzestext werden folgende Definitionen verwendet:

Kinder: Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind.

Jugendliche: Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind.

Heranwachsende: Personen, die 18, aber noch nicht 21 Jahre alt sind.

Gewächshäuser: in oder außerhalb von geschlossenen Räumlichkeiten befindliche, in sich abgeschlossene Erzeugungsorte für Pflanzen oder Stecklinge.

Erzeugen im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufzucht von Pflanzen einschließlich der Trimmung, der Ernte, der Trocknung und Verarbeitung der geernteten pflanzlichen Erzeugnisse zu Haschisch sowie der Herstellung von Vermehrungsmaterial einschließlich der Verpackung und der Lagerung.

Befriedetes Besitztum ist ein Grundstück, Gebäude oder Teil eines Gebäudes, das vom Berechtigten in äußerlich erkennbarer Weise durch Schutzvorrichtungen gegen das beliebige Betreten gesichert ist.

§3 Kontrollierte und begrenzte Abgabe von Cannabis

(1) Cannabis darf ausschließlich von Anbauvereinigungen an ihre Mitglieder zum nicht-medizinischen Eigenkonsum abgegeben werden. Mitglieder können Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sein. Eine Abgabe erfolgt zu Selbstkosten der jeweiligen Anbauvereinigung; eine unentgeltliche Abgabe ist unzulässig. [Für die Abgabe von Vermehrungsmaterial ist eine Vereinsmitgliedschaft nicht erforderlich.]

(2) Die Abgabe von Cannabis nach Absatz 1 Satz 1 ist nur bei persönlicher Anwesenheit der abgebenden Person und des erwerbenden Mitglieds zulässig. Der Erwerb von Cannabis für Dritte ist verboten. Der Versand und der Fernabsatz von sowie der Internethandel mit Cannabis sind verboten.

(3) Eine Anbauvereinigung darf an Mitglieder bis zu 25 Gramm Cannabis pro Tag und bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat zum Eigenkonsum abgeben. An Heranwachsende dürfen maximal 30 Gramm Cannabis pro Monat mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent abgegeben werden. (…)

§ 6 Maßnahmen des Kinder- und Jugendschutzes

(1) Personen unter 18 Jahren ist die Erzeugung, der Erwerb, der Besitz und der Konsum von Cannabis untersagt. Personen unter 18 Jahren darf kein Zugang zu Cannabis und kein Zutritt zum befriedeten Besitztum von Anbauvereinigungen gewährt werden. Bei der Abgabe von Cannabis erfolgt eine Alterskontrolle nach § 19. (…)

§ 8 Anforderungen an den privaten Eigenanbau

(1) Personen ab 18 Jahren ist in ihrer Wohnung oder im Bereich ihres befriedeten Besitztums die nicht-gewerbliche Erzeugung von insgesamt bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro Kalenderjahr zum Zwecke des Eigenkonsums von Cannabis (privater Eigenanbau) erlaubt.

(2) Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland dürfen für den privaten Eigenanbau 1. nach § 14 zugelassenes Vermehrungsmaterial oder 2. bei persönlicher Anwesenheit der abgebenden und annehmenden Person gegen Erstattung der entstandenen Selbstkosten der abgebenden Anbauvereinigung maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat von Anbauvereinigungen beziehen.

(3) Heranwachsende dürfen nur Vermehrungsmaterial erwerben oder beziehen, die nach ihren biologischen Eigenschaften in weiteren Entwicklungsstadien einen THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent aufweisen können.

(4) Wer privaten Eigenanbau betreibt, hat erzeugtes Cannabis und Vermehrungsmaterial durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor dem Zugriff durch unbefugte Dritte sowie durch Kinder und Jugendliche zu schützen. (…)

§ 9 Erlaubnis für die gemeinschaftliche Erzeugung und Abgabe in Anbauvereinigungen

(1) Wer gemeinschaftlich Cannabis erzeugen und zum Zwecke des Eigenkonsums abgeben oder Vermehrungsmaterial zum privaten Eigenanbau abgeben will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde.

(2) Erlaubnisinhaber können ausschließlich Anbauvereinigungen sein.

(3) Die Erlaubnis ist auf Antrag zu erteilen, wenn

  1. die vertretungsbefugten Personen der Anbauvereinigung unbeschränkt geschäftsfähig sind und die für den Umgang mit Cannabis und Vermehrungsmaterial erforderliche Zuverlässigkeit besitzen,

  2. das von der Anbauvereinigung erzeugte Cannabis und Vermehrungsmaterial sowie das von der Anbauvereinigung bezogene Vermehrungsmaterial ausreichend gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte sowie Kinder und Jugendliche geschützt ist und

  3. die Einhaltung der sonstigen Vorgaben dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen für den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie die Bekämpfung des illegalen Marktes gewährleistet ist.

(4) Der Antrag auf Erlaubnis bedarf der Schriftform und muss alle Angaben und Nachweise in deutscher Sprache enthalten, welche für die Prüfung der Voraussetzungen nach den Absätzen 1 bis 3 erforderlich sind. Dazu gehören insbesondere:

  1. Datum und Vereinsregister der Eintragung der Anbauvereinigung,

  2. Vorname, Name, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten der im Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts eingetragenen Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands der Anbauvereinigung,

  3. Vorname, Name, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten aller Personen, die von der Anbauvereinigung sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden und dabei Zugang zu Cannabis oder Vermehrungsmaterial haben,

  4. Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes und Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 Absatz 5 der Gewerbeordnung für jedes im Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts eingetragene Mitglied des geschäftsführenden Vorstands sowie für jede sonstige vertretungsbefugte Person der Anbauvereinigung,

  5. Lage der Räumlichkeiten und Grundstücke der Anbauvereinigung nach Ort, Straße und Hausnummer sowie Lage und Größe der Anbauflächen und Gewächshäuser,

  6. voraussichtliche Mengen Cannabis in Gramm, differenziert nach Darreichungsformen pro Jahr,

  7. Darlegung der Sicherungs- und Schutzmaßnahmen gemäß § 17,

  8. für den Jugendschutz sowie Sucht- und Präventionsfragen beauftragte Personen mit spezifischen Beratungs- und Präventionskenntnissen nach § 20 Absatz 1,

  9. Gesundheits- und Jugendschutzkonzept nach § 20 Absatz 3,

  10. Satzung der Anbauvereinigung.

(5) Die Nachweise nach Absatz 4 sind elektronisch an die zuständige Behörde zu übermitteln. Die zuständige Behörde soll innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen über den Antrag entscheiden.

(6) Nach Erlaubniserteilung eingetretene Änderungen nach Absatz 4 sind unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen. (…)

Position der ACM

Die Position der ACM umfasst 3 Elemente:

  1. Wir sehen in dem Gesetzentwurf positive Aspekte, da dieser zur Entkriminalisierung von Patient:innen beitragen kann. Die Einschränkung des Eigenanbaus oder den Bezug durch Anbauclubs auf nicht-medizinische Zwecke, lehnen wir entschieden ab. Das verletzt Patient:innen in ihren Rechten.

  2. Wir befürchten, dass die neu geschaffenen Optionen mit möglichen Risiken für die medizinische Versorgung von Patient:innen verbunden sind.

  3. Um den spezifischen Belangen von Patient:innen gerecht zu werden, fordert die ACM Anpassungen des Gesetzentwurfes für diese Personengruppe.

1. Positive Aspekte des geplanten Gesetzesvorhabens für Patienti:nnen

Element 1 der ACM-Position: Der ACM-Vorstand begrüßt die Pläne der Bundesregierung zur Ermöglichung des Eigenanbaus von Cannabis allein oder gemeinsam in einer Anbauvereinigung. Viele Patient:innen, die gegenwärtig und zukünftig nicht durch das Gesundheitssystem versorgt werden, jedoch nach der Einschätzung ihres behandelnden Arztes oder ihrer behandelnden Ärztin eine solche Therapie benötigen, haben auf diese Weise eine weitere Option, aus der Illegalität und Kriminalisierung ihrer Selbstmedikation herauszukommen.

Begründung: Bisher ist nicht bekannt, ob die Bundesregierung das Cannabis als Medizin-Gesetz aus dem Jahr 2017 so anpassen wird, dass alle Patientinnen und Patienten, die nach Auffassung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes eine solche Therapie benötigen, diese auch erhalten werden. Anträge auf eine Kostenübernahme werden nach den vorliegenden öffentlichen Zahlen der Krankenkassen entgegen des Gesetzes (§ 31 Abs. 6 SGB V) nicht nur „in Ausnahmefällen“ abgelehnt. Zudem sind die Kriterien für eine Kostenübernahme im Gesetz so restriktiv gefasst, dass viele Patient:innen selbst bei entsprechenden Nachbesserungen keine Chance auf eine Kostenübernahme durch ihre gesetzliche oder private Krankenkasse haben und oft nicht die finanziellen Mittel, die Kosten entsprechender Präparate aus der Apotheke zu tragen.

Diese Restriktionen betreffen insbesondere 2 Voraussetzungen. Zum einen muss eine Krankheit schwerwiegend sein und zum anderen müssen Standardtherapien ausgeschöpft sein oder können nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Arztes nicht zur Anwendung kommen. Medikamente auf Cannabisbasis werden jedoch häufig auch bei Erkrankungen eingesetzt, die nicht schwerwiegend sind. Viele Patientinnen und Patienten mit chronischen, nicht schweren Erkrankungen erleben durch die Verwendung von cannabisbasierten Medikamenten eine deutliche Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation, was mit deutlichen Verbesserungen der beruflichen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität einhergeht. Auch diese Patient:innen benötigen eine finanzierbare angemessene gesundheitliche Versorgung, die bisher nicht geplant und nicht einmal angedacht ist. Zum anderen ist es häufig nicht zumutbar, dass Patienti:nnen gezwungen sind, vorrangig Medikamente einzunehmen, die mittel- oder langfristig ein deutlich ungünstigeres Risiko-Nutzen-Verhältnis aufweisen als cannabisbasierte Medikamente. Dies gilt beispielsweise für Opiate in der Schmerztherapie, für Neuroleptika bei einigen psychiatrischen Erkrankungen, Immunsuppressiva wie Cortison oder Biologika bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Viele Patient:innen verzichten daher auf einen Antrag auf eine Kostenübernahme, da sie nicht bereit sind, die möglichen gesundheitlichen Risiken (Opiatabhängigkeit, schwere Infektionen, etc.) einer Therapie mit entsprechende Medikamenten auf sich zu nehmen. Auch für diese Patientengruppen sind bisher Lösungen weder geplant noch angedacht.

Daher begrüßen wir Möglichkeiten, dass solche Patient:innen eine Option erhalten, sich außerhalb des Gesundheitssystems, jedoch bestenfalls begleitet von einer Ärztin oder einem Arzt, selbst therapieren zu können.

2. Mögliche Risiken für die medizinische Versorgung von Patient:innen

Element 2 der ACM-Position: Wir sehen mögliche Risiken, die mit einer Verdrängung von Patient:innen in den Freizeitmarkt und in die Selbsttherapie verbunden sind. Die ACM ist der Auffassung, dass eine medizinische Therapie möglichst durch Ärzt:innen durchgeführt werden sollte. Die ACM fordert in diesem Zusammenhang deutliche Nachbesserungen beim Cannabis als Medizin-Gesetz aus dem Jahr 2017.

Begründung: Offizielle Zahlen aus Kanada und einigen Staaten der USA, wie etwa Colorado, zeigen, dass die Zahl der offiziellen Cannabispatienten nach der generellen Legalisierung für den Freizeitkonsum von Cannabis – in Kanada im Jahr 2018 – gesunken ist, nachdem die Zahlen zuvor jährlich deutlich angestiegen waren. Daraus kann geschlossen werden, dass viele Patient:innen in den Markt für Genusscannabis und in die Selbsttherapie ausgewichen sind. Wir sehen bereits heute in Deutschland Anzeichen dafür, dass dies auch hierzulande der Fall sein wird, falls diesem Trend nicht entschlossen entgegengewirkt wird. So sind der ACM Aussagen von Patientinnen bekannt geworden, nach denen ihre Ärzte bereits mitgeteilt hätten, dass sie sich mit dem bürokratischen Aufwand einer Cannabistherapie nicht mehr befassen möchten und ihre Patientinnen auf die Möglichkeiten des Freitagskonsums verwiesen haben.

Cannabisbasierte Medikamente sind wirksame Medikamente mit potenziell starken Wirkungen und Nebenwirkungen. Zudem sind Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich. Aus diesem Grund ist die ACM der Auffassung, dass eine medizinische Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten möglichst durch Ärzt:innen durchgeführt werden sollte.

Darüber hinaus ist der Eigenanbau oder auch der Zusammenschluss in Anbauvereinigungen für die meisten Patient:innen keine realistische Option. Üblicherweise gehen Patient:innen bei gesundheitlichen Problemen zu Ihrem Arzt oder zu ihrer Ärztin, lassen sich dort beraten, erhalten möglicherweise ein Rezept für ein Medikament und lösen dies in der Apotheke ein. Dies sollte üblicherweise auch im Rahmen einer Therapie mit Cannabis-Medikamenten der Fall sein.

3. Anpassung des Gesetzesvorhabens an spezifische Belange von Patient:innen

Element 3 der ACM-Position: Die ACM fordert bei den geplanten Möglichkeiten zum Eigenanbau, den spezifischen Belangen von Patient:innen Rechnung zu tragen. Dazu zählen insbesondere eine bedarfsgerechte Versorgung, die im Einzelfall über die im Gesetzentwurf vorgesehenen Mengenbegrenzungen hinausgehen kann, sowie die Möglichkeit der Teilnahme am Straßenverkehr für Cannabispatient:innen, soweit der medizinische Bedarf durch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung begründet und die Selbsttherapie ärztlich begleitet wird, so wie dies zwischen 2007 und 2017 bei der ärztlich begleiteten Selbsttherapie nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz bereits der Fall war.

Begründung: Bisher differenziert der Gesetzentwurf nicht zwischen dem Eigenanbau für den Freizeitkonsum und die medizinische Verwendung. Diese Differenzierung ist jedoch erforderlich. Die Versorgung von Patient:innen mittels Eigenanbau oder in Anbauvereinigungen muss den individuellen Belangen eines jeden Patienten hinsichtlich des Tages- bzw. Monatsbedarfs Rechnung tragen. Zwar werden viele Patient: innen mit einer Obergrenze von 50 g pro Monat oder 3 Pflanzen pro Jahr ausreichend behandelt sein, es gibt jedoch Patient:innen, die einen höheren Bedarf haben, um ihre gesundheitlichen Leiden ausreichend zu lindern. Dem muss der Gesetzgeber Rechnung tragen. Die Obergrenze für Patient:innen sollte vom behandelnden Arzt individuell bestimmt und gegebenenfalls im Laufe der Therapie auch angepasst werden können.

Nach § 24 A Straßenverkehrsgesetz dürfen Fahrzeugführer nicht am Straßenverkehr teilnehmen, wenn THC in einer Konzentration von mehr als 1 Nanogramm/Milliliter Blutserum nachgewiesen wird. Nach der Fahrerlaubnisverordnung schließt regelmäßiger Cannabiskonsum die Teilnahme am Straßenverkehr aus. Patienten, die nach einer entsprechenden ärztlichen Empfehlung Cannabis selbst anbauen oder im Rahmen einer Anbauvereinigung erwerben, sollten Patient:innen gleichgestellt werden, die zwischen 2007 und 2017 eine Erlaubnis nach Paragraf 3 Abs. 2 zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten oder Cannabisextrakten aus der Apotheke erhielten. Der Leiter der Bundesopiumstelle, Dr. Peter Cremer-Schaeffer hatte dem damaligen Vorsitzenden der ACM, Dr. Franjo Grotenhermen, in einem Schreiben am 7.2.2011 mitgeteilt: „Aus klinischer Sicht ist die ärztlich begleitete Selbsttherapie mit Cannabis, zumindest sobald eine gleich bleibende Dosierung erreicht ist, bezüglich der möglichen Auswirkungen auf die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Therapie mit einem verschriebenen Arzneimittel vergleichbar. Cannabis wird in diesen Fällen als Arzneimittel angewendet, der Arzt hat eine Dosierungsempfehlung abgegeben und der Patient wendet Cannabis bestimmungsmäßig an. Lediglich eine Verschreibung liegt nicht vor.“

Fazit

Das geplante Gesetz zum Eigenanbau von Cannabis zu Hause oder zusammen mit anderen Cannabis Konsument:innen bietet auch Patient:innen eine weitere Option, um der Kriminalisierung und Illegalität zu entkommen. Allerdings birgt das Gesetzesvorhaben auch mögliche Risiken, denen sich der Akteure bewusst sein sollten. Zudem sollten bei der Ausgestaltung des Gesetzesvorhabens die spezifischen Belange von Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden.

Diese Stellungnahme liegt auch als PDF-Datei vor.

Abschließende Beratungen ohne Aussprache (Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags)

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat die Petition eines Patienten, dem die Kostenübernahme durch seine Krankenkasse verweigert wurde, zur höchstmöglichen Berücksichtigung an das Bundesministerium für Gesundheit überwiesen.

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

(…)

Genehmigungsvorbehalt bei Cannabis-Verordnung

Darunter befindet sich auch die Beschwerde eines Petenten über das Verwaltungshandeln der Knappschaft im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Kostenübernahme für ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Dronabinol (THC, Tetrahydrocannabinol).

Er habe den Eindruck gewonnen, so schreibt der Petent in seiner Eingabe, dass Paragraf 31 Absatz 6 SGB V, wonach Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon haben, von der Krankenkasse restriktiv beziehungsweise „falsch instrumentalisiert“ werde, sodass eine Kostenübernahme förmlich ausgeschlossen sei.

Höchstmögliches Überweisungsvotum „zur Berücksichtigung“

Die vom Petitionsausschuss in der Sitzung am 26. April 2023 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Eingabe dem Bundesgesundheitsministerium mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ zu überweisen, „soweit es um die Aufhebung des Genehmigungsvorbehalts der Krankenkassen bei der Verordnung von Cannabis geht“ sowie das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“.

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses folgend bedeutet das Votum, dass aus Sicht des Ausschusses das Anliegen begründet und Abhilfe notwendig ist.

Anspruch auf Versorgung im SGB V

Wie der Petitionsausschuss in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung schreibt, sieht die gesetzliche Regelung vor, dass zunächst die Ärztin oder der Arzt entscheidet, „ob im Einzelfall die Voraussetzung gegeben ist, dass eine Versicherte oder ein Versicherter nach Ausschöpfen anderer Therapien für eine Therapie mit Cannabisarzneimitteln in Frage kommt“.

Der Anspruch auf Versorgung bestehe nach Paragraf 31 Absatz 6 SGB V, „wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung entweder nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann.“ Der Anspruch bestehe auch dann, wenn „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine

spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht“.

Erstgenehmigung nur in begründeten Ausnahmefällen versagen

Die Leistung bedarf der Vorlage zufolge bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der Genehmigung durch die Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist.

Laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom März dieses Jahres darf die Erstgenehmigung von den Krankenkassen nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden.

Presseschau: Cannabis-Legalisierung: Was konkret zu Kontrolle, Abgabe und Anbau bekannt ist (Focus Online)

Focus Online berichtete über den bisher bekannt gewordenen Entwurf zum Eigenanbau und zu Möglichkeit der Gründung von Anbauvereinigungen.

Cannabis-Legalisierung: Was konkret zu Kontrolle, Abgabe und Anbau bekannt ist

Der „Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CannG)“ ist durchgesickert. Die Entwurfsfassung befindet sich derzeit in der Resortabstimmung bei den beteiligten Bundesministerien und legt die gesetzlichen Regelungen zur ersten Säule der geplanten Legalisierung von Cannabis fest.

Welche Hauptthemen werden im Cannabisgesetz geregelt?

Artikel 1 des Cannabisabgabegesetzes (CannG) betrifft die Schaffung eines neuen Gesetzes zur kontrollierten Abgabe von Cannabis. Gem. § 1 CannG ist Ziel des Gesetzes, zu einem verbesserten Kinder-, Jugend- sowie Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken sowie den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen. Zum Schutz von Konsument:innen soll die Qualität von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden.

Umgesetzt werden soll dies durch das CannG insbesondere durch allgemeine Regelungen zum Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie zur Suchtprävention (Kapitel 2 CannG). Der Gesetzesentwurf enthält weiterhin besondere Regelung o. k. en zur kontrollierten privaten Erzeugung (Kapitel 3 Abschnitt 1 CannG), zur kontrollierten gemeinschaftlichen Erzeugung und Abgabe in Anbauvereinigungen (Kapitel 3 Abschnitt 2 CannG) sowie bzgl. Cannabis zu medizinischen Zwecken (Kapitel 4 CannG). Straf- und Bußgeldvorschriften sollen für die Einhaltung der Bestimmungen sorgen.

Artikel 2-9 CannG betreffen die Änderungen verschiedener Gesetze, insbesondere des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Medizinisches Cannabis ist derzeit als verkehrsfähiges Betäubungsmittel bereits rechtlich geregelt und bei Einhaltung der rechtlichen Vorgaben legal.

Welche hauptsächlichen Änderungen ergeben sich durch das CannG im Bereich des medizinischen Cannabis?

Durch das CannG wird Cannabis mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,3 Prozent (d.h. Pflanzen, Cannabisblüten und sonstige Pflanzenteile, das abgesonderte Harz) sowie THC (die natürliche Wirkstoffgruppe Tetrahydrocannabinol in der Pflanze und deren natürlich vorkommende Isomere wie Dronabinol sowie stereochemische Varianten) aus dem Anwendungsbereich des BtMG herausgenommen und in das CannG überführt.

Dies wird zukünftig dazu führen, dass medizinisches Cannabis zwar als Arzneimittel, nicht mehr jedoch als Betäubungsmittel zu qualifizieren ist. In der Praxis wird daher kein Betäubungsmittelrezept für die Verordnung von medizinischem Cannabis mehr notwendig sein. Rezepte werden dadurch länger einlösbar sein und Cannabis wäre zukünftig wohl auch durch E-Rezept verordnungsfähig. Das ist für Betäubungsmittel derzeit noch nicht möglich. Zudem sieht § 5 Abs. 2 CannG ein absolutes Werbeverbot für Cannabis vor. Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage aufgrund der Einstufung als Betäubungsmittel, würde zukünftig ein Verstoß hiergegen jedoch nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und keinen Straftatbestand mehr darstellen.

Abgesehen hiervon enthält Kapitel 4 CannG jedoch eine Reihe rechtlicher Vorschriften für Medizinalcannabis, die weitgehend denen der derzeitigen Rechtslage entsprechen (Abgabe nur durch Apotheken aufgrund einer Verschreibung, notwendige Erlaubnisse zur Einfuhr und Ausfuhr, Aufzeichnungs- und Meldepflichten etc.).

Wer kann zukünftig Cannabis abseits von medizinischem Cannabis beziehen und wie genau wird das gehandhabt?

Cannabis kann bei sog. Anbauvereinigungen (d.h. rechtsfähige, im Vereinsregister eingetragene Vereine mit Sitz in Deutschland, deren satzungsgemäßer Zweck ausschließlich die gemeinschaftliche Erzeugung und Abgabe von Cannabis zum Eigenkonsum an ihre Mitglieder ist) zum nicht-medizinischen Eigenkonsum bezogen werden. Voraussetzung ist die Mitgliedschaft in der Anbauvereinigung (es ist nur die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung erlaubt), diese ist wiederum Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland vorbehalten. Die Abgabe ist entgeltlich und nur bei persönlicher Anwesenheit der abgebenden Person und des erwerbenden Mitglieds zulässig. D.h. der Erwerb für Dritte sowie der Versand und Fernabsatz sind verboten. Die Menge ist auf 25 Gramm pro Tag und bis zu 50 Gramm pro Monat beschränkt. In Abweichung hiervon dürfen Heranwachsenden (18-21 Jahre) maximal 30 Gramm pro Monat und nur mit einem THC-Gehalt von maximal 10 Prozent beziehen. Anbauvereinigungen unterliegen strengen Vorschriften hinsichtlich Kontrolle, Dokumentation, Sicherungsmaßnahmen etc.

Was ist bezüglich des privaten Eigenanbaus zu beachten?

Der private Eigenanbau (d.h. die nicht-gewerbliche Erzeugung von insgesamt bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro Kalenderjahr zum Zwecke des Eigenkonsums) von Cannabis ist Personen ab 18 Jahren erlaubt. Zugelassenes Vermehrungsmaterial kann nur persönlich bei Anbauvereinigungen erworben werden (maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat) oder von Erwachsenen auch bei Anbietern mit Sitz außerhalb Deutschlands zum Zwecke des privaten Eigenanbaus bezogen werden. Heranwachsende dürfen nur Vermehrungsmaterial erwerben oder beziehen, das nach seiner biologischen Eigenschaft in weiteren Entwicklungsstadien einen THC-Gehalt von höchstens 10 Prozent aufweisen kann. Es sind zudem besondere Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu treffen, d.h. die Pflanzen und die geernteten Blüten sind besonders vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Wenn bei der privaten Anzucht von zugelassenem Vermehrungsmaterial mehr als drei weibliche blühende Pflanzen pro Kalenderjahr entstehen, sind diese zu vernichten.

Wird dieses dem Ziel, zu einem verbesserten Kinder-, Jugend- sowie Gesundheitsschutz beizutragen, gerecht?

Da der vorliegende Entwurf des CannG sich derzeit in der Abstimmung bei den beteiligten Ministerien befindet, muss zunächst abgewartet werden, welche Änderungen sich hieraus gegebenenfalls noch ergeben und welche genauen Regelungen der Gesetzesentwurf final enthält. Die Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, ob das CannG tatsächlich zukünftig zu einem verbesserten Kinder-, Jugend- sowie Gesundheitsschutz beitragen wird. Dies wird sich jedoch erst im Laufe der Zeit zeigen.

Es bleiben einige Detailfragen ungeklärt. Ein Punkt ist die genaue Preisbildung und gegebenenfalls Auswirkungen unterschiedlicher Preise und Preisspannen für die Cannabisblüten zwischen den Anbauvereinigungen. Noch unklar ist die praktische Umsetzung von Kontrollen zu Zwecken des Kinder- und Jugendschutzes im privaten Bereich. Auch bezüglich des Gesundheitsschutzes ist fraglich, ob zukünftig gegebenenfalls Patienten, die medizinisches Cannabis verschrieben aber nicht erstattet bekommen, dennoch das verschriebene medizinische Cannabis als Selbstzahler in einer Apotheke

beziehen oder auf (möglicherweise günstigeres) Cannabis aus ihrer Anbauvereinigung zurückgreifen. Die Qualitätssicherung von medizinischem Cannabis ist sehr streng geregelt und auch wenn der Bezug von Anbauvereinigungen nur zu nicht-medizinschen Zwecken erlaubt ist, ist dessen Qualität nur schwierig und mit großem Aufwand zu kontrollieren. Das Erreichen des Ziels des Gesundheitsschutzes wäre in einem solchen Fall zumindest zweifelhaft.

Presseschau: Fachverbände fordern Reform des „Cannabis-als-Medizin Gesetz“ (DAZ.Online)

Die Stellungnahme der Fachverbände wurde von einigen Medien aufgegriffen und vorgestellt.

Fachverbände fordern Reform des „Cannabis-als-Medizin Gesetz“

Die Versorgung mit Medizinalcannabis muss sicherer und weniger bürokratisch werden. Das fordert ein Bündnis aus Cannabis-Fachverbänden, die sowohl Patient:innen, Ärzt:innen, Apotheker:innen und die Cannabiswirtschaft vertreten. Im Zuge der Legalisierung von Genuss fordern sie, das „Cannabis-als-Medizin Gesetz“ entsprechend zu novellieren.

Seit März 2017 können Ärztinnen und Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen Medizinalcannabis auf Kassenkosten verordnen. Im März dieses Jahres hat dann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einem Beschluss zur Aufnahme von Medizinalcannabis in die Arzneimittel-Richtlinie die Details zu diesen Verordnungen geregelt. Dieser Beschluss fußt auf den Ergebnissen einer Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Einsatz von Medizinalcannabis sowie den in einem Stellungnahmeverfahren gewonnenen Erkenntnissen. In Kraft getreten ist der Beschluss zwar noch nicht, aber dies dürfte in Kürze bevorstehen.

Schon anlässlich des G-BA-Beschlusses hatten sich acht Cannabis-Fachverbände zusammengetan und weiteren Reformbedarf angemeldet. Darunter der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), der Bund Deutscher Cannabis-Patienten (BDCan), die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), und der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW).

Die Verbände hatten im vergangenen März auch ein gemeinsames Positionspapier mit Handlungsempfehlungen angekündigt. Dieses haben sie nun vorgelegt. Ihre Basis ist dabei der G-BA-Beschluss sowie das im vergangenen Herbst vorgelegte Eckpunktepapier der Bundesregierung zur kontrollierten Cannabisabgabe an Erwachsene. Kürzlich war zwar auch ein Entwurf für ein Cannabis-Gesetz von Ende April bekannt geworden. Dieser sieht in dem neu zu schaffenden Gesetz ein eigenes Kapitel für Medizinalcannabis vor. Zudem sollen Medizinalcannabis, das pflanzlichen Ursprungs ist, sowie synthetisch hergestellte Cannabinoide, die der natürlichen Wirkstoffgruppe, der in der Pflanze vorkommenden Cannabinoide entsprechen, nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz unterfallen. Da dieser Entwurf nicht offiziell veröffentlicht wurde, beziehen sich die Verbände jedoch noch auf die Eckpunkte.

Fünf Kernforderungen

Das Positionspapier enthält fünf Kernforderungen für die aus Sicht der Verbände notwendige Novellierung des Cannabis-als-Medizin-Gesetzes:

● Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei der Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisarzneimitteln ist abzuschaffen oder anzupassen.

● Medizinalcannabis ist aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herauszunehmen.

● Der rechtliche Rahmen für Cannabisarzneimittel muss bundesweit vereinheitlicht werden.

● Die nationale Förderung von Forschungsvorhaben für Cannabis-Therapien ist auszubauen.

● Die flächendeckende und vorrangige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesicherten Cannabisarzneimitteln ist sicherzustellen.

Keine Abwanderung in die „unbetreute Selbstmedikation“

Die Verbände sehen die Gefahr, dass durch die Legalisierung von Genusscannabis Patienten in den „Freizeitmarkt“ verdrängt werden könnten. „Eine medizinische Therapie sollte durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden“, betont Franjo Grotenhermen von der ACM in einer Pressemitteilung der acht Verbände. Allerdings: Solange der überwiegende Anteil bedürftiger Patientinnen und Patienten nicht über das Gesundheitssystem versorgt werde, sei die Möglichkeit des Eigenanbaus zu begrüßen – immerhin kämen die Betroffenen so aus der Illegalität. Armin Prasch vom Wirtschaftsverband BvCW erklärte, dass die Verschreibung von Medizinalcannabis deutlich erleichtert werden müsse, da sonst eine „Abwanderung in die unbetreute Selbstmedikation“ drohe.VCA-Geschäftsführerin Christiane Neubaur verspricht, sich für die Festlegung einer bundesweit anerkannten Identitätsprüfung von Medizinalcannabis einzusetzen. Ebenso müssten die mikrobiellen Qualitätsanforderungen von Medizinalcannabisblüten zum Schutze der Patient:innen festgelegt werden.

Presseschau: Kiffen gegen die Schmerzen (Herisauer Nachrichten aus der Schweiz)

Auch in der Schweiz besteht seit 2022 die Möglichkeit der Verschreibung von Cannabisblüten.

Kiffen gegen die Schmerzen

Seit letztem Sommer darf Cannabis für medizinische Zwecke ärztlich verschrieben und in Apotheken verkauft werden

Sabrina Arpagaus aus Wittenbach hat lange darauf gewartet, legal Cannabisblüten zu beziehen, um ihre Schmerzen zu lindern. Letzte Woche war es soweit und sie durfte die Blüten in einer Apotheke in St.Gallen abholen.

Heilpflanze Gras kaufen beim Dorfapotheker – seit acht Monaten theoretisch möglich. Die Voraussetzung dafür schafft das aufgehobene Verbot von Cannabis zu medizinischen Zwecken, das im August 2022 bundesweit beschlossen wurde. Diese Änderung im Betäubungsmittelgesetz erlaubt Schweizer Ärztinnen und Ärzten das Verschreiben von medizinischem Cannabis, welches in der Apotheke bezogen werden kann.

Auf den eigenen Körper hören

Sabrina Arpagaus verfolgte die Debatte genau. Die 38-jährige Wittenbacherin leidet an der Charcot-Marie-Tooth (CMT) Krankheit. (Siehe Box) Nach einem Gentest vor sieben Jahren erhielt sie die Diagnose. «Einerseits wollte ich es nicht wahrhaben, andererseits konnte ich viele Leiden und Beschwerden nun erklären», sagt Arpagaus. Anfangs hätte sie sich nicht viel dabei gedacht und ihren Alltag normal weitergeführt. Je länger je häufiger traten jedoch Schmerzen auf und die Mutter erkannte, dass ihr Körper nicht mehr kann. Abklärungen während eines Aufenthalts in einer Rehaklinik im vorletzten Jahr führten dazu, dass ihr ein Arbeitsverbot auferlegt wurde. «Statt wieder an meinen Arbeitsplatz zurückzukehren, wurde ich quasi über Nacht zur IV-Bezügerin.» Obwohl es ihr nicht leicht fiel, musste sie sich damit abfinden und begann fortan auf ihren Körper zu hören.

Von Schmerzen geplagt

Mit der Diagnose sei ihr ein Licht aufgegangen. «Plötzlich ergab es Sinn, wieso ich mich oft müde fühlte, mich teils langsam und schwerfällig durch den Tag kämpfte», sagt Arpagaus. Auch die nächtlichen Krämpfe und die immer häufiger auftretenden Schmerzen konnte sie einordnen. Gegen die Schmerzen bekam sie Medikamente verschrieben, machte sich aber selbst schlau über mögliche Therapien und stiess dabei auf Berichte über Cannabis als Heilpflanze. In Foren las sie von seiner schmerzlindernden Wirkung und im Austausch mit anderen Betroffenen erfuhr sie, dass Cannabinoide, wie sie im Cannabis vorkommen, Spasmen reduzieren könnten.

Eigeninitiative für eine Verschreibung

Für Arpagaus stand schnell fest, dass Cannabis eine valable Alternative zu den chemischen Medikamenten darstellt. «Glücklicherweise sah nicht nur ich den Nutzen, sondern auch meine Ärztin», sagt die Patientin. Trotzdem musste sie viel Eigeninitiative zeigen und grossen Aufwand betreiben, um an die helfende Medizin zu gelangen. Damit sie nicht nur von CBD, sondern allen rund 450 verschiedenen Substanzen, die in der Hanfpflanze zu finden sind, profitieren konnte, musste sie beim BAG eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Mit dieser Bewilligung durfte sie Cannabis in Form von Tröpfchen zu sich nehmen. «Ich fühlte mich besser, mein Leben war schmerzfreier und die Nächte erholsamer», sagt Arpagaus.

Gute Qualität konstant verfügbar

Als das Verbot von Cannabis zu medizinalen Zwecken im letzten Sommer aufgehoben wurde, stellte ihr ihre Ärztin ein Rezept aus. Es sollte aber fast ein Jahr dauern, bis die Wittenbacherin die Blüten in der Apotheke abholen konnte. «Es dauerte eine Weile, weil einerseits wenig Fachwissen, dafür Bedenken punkto Dosierung vorhanden sind und andererseits kaum eine Apotheke Cannabis als Blüten verkauft», informiert Arpagaus. Doch die Freude darüber, dass sie endlich die gewünschte Medizin erhält, trübte sich allzu schnell: «Bei den horrenden Preisen, die verlangt werden, kann ich

mir die Medizin gar nicht leisten», konstatiert die 38-Jährige. Deswegen sei es wichtig, dass auch Krankenkassen und Versicherungen den Nutzen von Cannabis anerkennen. Solange die Preise den Schwarzmarkt übersteigen, wird es vielen nicht möglich sein, sich Cannabis legal verschreiben zu lassen. «Für Patientinnen und Patienten ist es wichtig, dass Cannabis in guter Qualität konstant verfügbar und vor allem bezahlbar ist», erklärt Arpagaus. Cannabis sei kein Wundermittel, aber seine medizinische Verwendung müsse dazu führen, dass es als Heilmittel akzeptiert und dadurch entkriminalisiert werde. Man sei auf dem richtigen Weg, dennoch bleiben hohe Hürden bestehen. «Ich nehme Cannabis nicht aus Spass, sondern aus gesundheitlichen Gründen», resümiert Arpagaus, «deshalb muss sein Gebrauch als Alternative zu Medikamenten etabliert werden.»

Einige weitere Meldungen der vergangenen Tage

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THC, CBD, Marihuana, Haschisch: Was sind die Unterschiede? (Das Erste)

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