In einem Fernsehbericht vom 30. Januar 2008 griff der rbb Brandenburg die medizinische Verwendung von Dronabinol und Cannabis auf und berichtete von einer aktuellen Studie mit Dronabinol bei MS-Patienten in Deutschland. Ein Teil des Beitrages findet sich auch in einer Druckversion auf der Internetseite des Senders. Darin heißt es:
„Cannabis sativa L., kurz Cannabis, ist der lateinische Name der Hanfpflanze. Sie enthält über 60 spezifische Wirkstoffe, so genannte Cannabinoide. Dass einige davon berauschende Wirkung haben, ist bekannt – Haschisch und Marihuana werden z. B. aus der Hanfpflanze gewonnen. Cannabis kann aber auch bei bestimmten Krankheitssymptomen helfen – manchmal besser als offizielle Medikamente. Obwohl die Beschaffung nicht legal ist, hat sich Cannabis unter anderem bei Krebs, Multipler Sklerose und bestimmten Schmerzformen bewährt.
Doris Hellpoldt stellt eine Medikamenten-Studie vor, die die medizinische Wirkung eines Cannabiswirkstoffs bei Patienten mit Multipler Sklerose prüfen soll:
Delta-9-Tetra-Hydro-Cannabinol heißt der bekannteste medizinisch verwertbare Cannabis-Wirkstoff – abgekürzt THC. THC wird heute von Pharmaunternehmen aus der Hanfpflanze extrahiert und unter dem Namen Dronabinol als Heilmittel angeboten. Die Neurologin Prof. Dr. Judith Haas erklärt, warum der Cannabis-Wirkstoff so interessant für therapeutische Zwecke ist. „Cannabis ist eine Substanz, die einen ganzen, großen Bereich an Symptomen der Multiplen Sklerose beeinflussen kann. Es ist einmal der Schmerz, dann aber auch die Spastik, das Zittern bei den MS-Kranken, Sehstörungen, abnorme Ermüdbarkeit, Störungen des Appetits. Und Cannabis hat ein günstiges Nebenwirkungsprofil, was natürlich bei einem Patienten der häufig sehr viele Medikamente braucht, ganz wichtig ist.“
Michael Schulz gehört zu den Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind. Seit vier Wochen nimmt der 47-Jährige an einer klinischen Studie teil, die klären soll, ob Dronabinol Betroffene von Schmerzen befreien kann. In den letzten zwölf Jahren sind die Beschwerden von Michael Schulz immer schlimmer geworden. In den Cannabis-Wirkstoff setzt er deshalb große Hoffnungen: „Für mich ist das belastendste Symptom: die Schmerzen im Fuß. Gegen alles andere, wie schlecht Gehen, Müdigkeit, Inkontinenz, kann man was machen, aber gegen die Schmerzen haben noch keine Tabletten geholfen.“
Weil bisher nichts geholfen hat bei Michael Schulz, schlug sein behandelnder Neurologe ihm vor, an der Studie teilzunehmen. Momentan ist Dronabinol bei Multipler Sklerose nicht als Medikament zugelassen. Dr. Klaus Tiel-Wilck vom Neurologischen Facharzt-Zentrum Berlin ist aber überzeugt davon, dass der Wirkstoff vielen seiner Patienten einen großen Gewinn an Lebensqualität bringen kann. „Bei der Erkrankung werden Nervenfasern geschädigt, die Schmerzen vermitteln. Und die Cannabinoide sind in der Lage, die Erregbarkeit dieser geschädigten Schmerzfasern zu reduzieren und damit die Schmerzempfindung ebenfalls zu reduzieren.“
Der Wirkstoff aus der Cannabispflanze kann aber mehr, als Schmerzen zu lindern. Bei vielen Symptomen der Multiplen Sklerose stoßen die herkömmlichen Therapien an ihre Grenzen: Der entzündliche Krankheitsprozess kann zwar gebremst werden. Aber im späteren Verlauf der Krankheit treten oft so schwere Symptome auf, dass die Patienten in ihren Bewegungsmöglichkeiten extrem eingeschränkt und zum Teil völlig hilflos sind. Sogar in solchen fortgeschrittenen Stadien können mit Dronabinol noch gute Erfolge erzielt werden, sagt Neurologin Judith Haas: „Bei unwillkürlichen Bewegungen, wie Zittern, überschießende Bewegungen, ungebremsten Bewegungen, Bewegungen, die man nicht steuern kann, liegt eine zu starke Erregbarkeit des Nervensystems vor. Das heißt, elektrische Impulse werden ungebremst weitergeleitet. Das Dronabinol wirkt aber auf die Überträgerstellen im Nervensystem bremsend, d.h., die Bewegungen können wieder willkürlich gesteuert ausgeführt werden.“
Der Fernsehbeitrag kann von der Internetseite des rbb herunter geladen und mit dem RealPlayer abgespielt werden:
Der schriftliche Beitrag findet sich unter:
(Quelle: rbb vom 30. Januar 2008)